Fast 60 Prozent aller Unternehmen in der Region Hannover sind vom Fachkräftemangel betroffen: Das ist das Ergebnis des Fachkräftemonitorings 2018, das die Region Hannover jetzt vorgelegt hat. Die Studie liefert aktuelle Daten zur Situation in Hannover.
Vier Branchen standen im Fokus der Untersuchung: Gesundheitswirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologie, Logistik sowie Produktionstechnik. Und für alle gilt: Das Beschäftigungshoch und der steigende Bedarf an Fachkräften sorgen dafür, dass das Fachkräfteangebot zunehmend sinkt.
„Die künftige Wirtschaftsentwicklung in der Region Hannover wird maßgeblich davon abhängen, ob den Betrieben geeignete Arbeitskräfte zur Verfügung stehen“, sagt Ulf-Birger Franz, Wirtschaftsdezernent der Region Hannover. „Alle Branchen sind gut beraten, wenn sie die Potenziale von Frauen in oder nach einer familiär bedingten Auszeit und von älteren Bewerberinnen und Bewerbern stärker berücksichtigen. Auch bei der Bereitschaft zur Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs ist noch Luft nach oben.“
Ziel einer erfolgreichen regionalen Wirtschaftspolitik sei es, die Fachkräfteentwicklung durch beschäftigungsfördernde Maßnahmen und Rahmenbedingungen zu unterstützen. „Dies sichert die Leistungs- und Innovationsfähigkeit ansässiger Betriebe“, so Reinhard Biederbeck, Leiter des Teams Beschäftigungsförderung. „Die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung der Region Hannover initiiert und unterstützt daher zahlreiche Projekte zur Qualifizierung und Entwicklung von Fachkräften.“ Beispiele dafür sind das Ausbildungsportal „Azubi21“, eine regionale Internetplattform zur Vermittlung von Ausbildungs-, dualen Studien- und Praktikumsplätzen, das Projekt „Flexibel führen – Zukunft gestalten“, ein Cross-Mentoring-Programm, mit dem Fach- und Führungskräfte in der Familienphase begleitet werden sowie das Projekt „IT macht Schule“, das Schülerinnen und Schüler für die Berufsorientierung im IT-Bereich begeistern soll.
Die zentralen Ergebnisse des Fachkräftemonitorings: Fast die Hälfte (44 Prozent) der befragten Unternehmen gibt an, dass die Anzahl der Fachkräfte in den vergangenen 24 Monaten gestiegen sei. Besonders ausgeprägt ist der Anstieg der Fachkräfte in der Informations- und Kommunikationstechnik, zu der 60 Prozent der antwortenden Unternehmen zählen. Dieses Beschäftigungswachstum wird zukünftig nach Einschätzung der Unternehmen anhalten. Fast 60 Prozent aller befragten Unternehmen geben an, schon jetzt vom Fachkräftemangel betroffen zu sein – dies ist ein Anstieg von zehn Prozentpunkten gegenüber den Ergebnissen des letzten Monitorings im Jahr 2016.
Derzeit gelingt es nur der Logistikbranche, auch kurzfristig einen relevanten Anteil der offenen Stellen zu besetzen. Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen benötigt mehr als drei Monate, um vakante Stellen neu zu besetzen – in Fachkreisen spricht man vom sogenannten Drei-Monats-Indikator. „Vakanzzeiten und Hindernisse bei der Stellenbesetzung deuten darauf hin, dass sich die Situation vor Ort noch zuspitzen wird“, sagt Ulf-Birger Franz. Unternehmen erhalten deutlich weniger Bewerbungen, die Bewerberinnen und Bewerber verfügen nicht immer über die von den Betrieben geforderten fachlichen Qualifikationen und viele Unternehmen stehen zunehmend im branchenübergreifenden Wettbewerb – vor allem in der Gesundheitswirtschaft und der Logistik.
Mehr als jedes zweite Unternehmen bildet aktuell aus. Viele zumeist kleinere Betriebe, die nach eigener Aussage vom Fachkräftemangel betroffen sind, bilden allerdings nicht aus. Mehr als die Hälfte der Unternehmen begründet das mit personellen Engpässen oder sieht keinen Bedarf und hofft, weiterhin Personal am Arbeitsmarkt zu gewinnen. Um Fachkräfte zu binden und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, bieten fast 80 Prozent der befragten Betriebe flexible Arbeitszeiten an; Möglichkeiten zur Weiterbildung gibt es in 75 Prozent der Unternehmen. Rund 20 Prozent der befragten Unternehmen versuchen, durch interne Projekte ihre Produktionsprozesse zu optimieren und neue Technologien in den Betriebsablauf zu implementieren. „Das bietet regional ansässigen Betriebe die Chance, sich von der Arbeitsmarktsituation ein Stück weit unabhängig zu machen“, erklärt Reinhard Biederbeck.
Mehr als die Hälfte der antwortenden Unternehmen bemüht sich im Zuge von speziellen Projekten darum, das Arbeitskräftepotenzial der über 50-jährigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu nutzen. Nur etwa 40 Prozent der Betriebe verfolgt Strategien zur besseren Ausschöpfung des Potenzials von Müttern sowie Studienabbrecherinnen und -abbrechern.
Konkrete Handlungsfelder sind auf Grundlage des Fachkräftemonitorings insbesondere:
• der Ausbau von Betreuungsangeboten für Kleinkinder, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern
• branchenspezifische Beratungsangebote, um weitere Erwerbspersonengruppen anzusprechen – zum Beispiel durch spezielle Weiterbildungsangebote oder Umschulungen für Studienabbrecherinnen und -abbrecher
• die Beratung von Unternehmen zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze.
• Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, wie betriebliche Gesundheitsvorsorge, Mobilitätsangebote, flexible Arbeitszeitmodelle etc.
• detaillierte Erhebung des Kooperationspotenzials für überbetriebliche Maßnahmen
Die insgesamt dennoch guten Gesamteinschätzungen der Unternehmen zeigen aber auch, dass die Region Hannover über gute Voraussetzungen verfügt, um trotz der ausgewiesenen Engpässe im Wettbewerb der Regionen zu bestehen.
Die gesamte Broschüre „Fachkräftemonitoring 2018“ steht auch online zum Download bereit auf www.wirtschaftsfoerderung-hannover.de.
WCN/sa