Wunstorf – Rettungshubschrauber Christoph 4 hatte 2022 1359 Einsätze, 50-jähriges Jubiläum und eine unfreiwillige Pause.
Ein bewegtes Jahr liegt hinter der Besatzung des orangefarbenen Rettungshubschraubers Christoph 4 am Standort der Medizinischen Hochschule in Hannover – und das nicht nur in Bezug auf die rettungsdienstlichen Einsatzzahlen. Zu 1359 Notfalleinsätzen startete Christoph 4 im vergangenen Jahr. Das Einsatzaufkommen lag damit knapp über dem Vorjahresniveau von 1290 Einsätzen.
Einsatzursachen
„Insbesondere der Baustellenabschnitt auf der Bundesautobahn (BAB) 7 zwischen Berkhof und Bad Fallingbostel führte in 2022 zu wiederkehrenden Unfällen. Daneben lösten vor allem Stürze aus größerer Höhe, Reitunfälle in unwegsamem Gelände, Verkehrs- und Luftfahrtunfälle, Schädel-Hirn- und Wirbelsäulenverletzungen, Herzinfarkte, Bewusstseinsstörungen und Notfälle mit Kindern den Einsatz unserer Kräfte aus.“, sagt Thorsten Ernst, Fachbereichsleiter Rettungsdienst im Landesverband Niedersachsen/Bremen der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Einsätze, die in Erinnerung blieben
Besonders in Erinnerung bleibt ein Wohnhausbrand in Hameln. Dort wurden im Juli mehrere Schwerstbrandverletzte mit Rauchgasvergiftungen notärztlich versorgt. Einer Familie mit fünf Kindern war bei dem Ausbruch des Feuers der Rettungsweg aus ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus abgeschnitten worden. Alle Personen wurden mit insgesamt fünf eingesetzten Rettungshubschraubern in Spezialkliniken geflogen.
Ein weiterer großer Einsatz war ein Balkonsturz mit fünf Schwerstverletzten im September in Fürstenau im Landkreis Osnabrück. Dort kooperierte die Crew des Christoph 4 mit weiteren Notärzten, um alle Verunfallten so schnell wie möglich versorgen zu können.
Längster Flug in 2022
Der längste Flug in 2022 war für den Christoph 4 ein 148 Kilometer langer Transport einer schwer verletzten Frau aus Minden, die im Juni in eine Spezialklinik nach Bochum gebracht wurde.
Aktive Dienstzeit von Volker Hubrich endet nach 37 Jahren
Neben diesen Einsätzen haben noch weitere Ereignisse das Team um den hannoverschen Rettungshubschrauber bewegt. Im Sommer landete Volker Hubrich, leitender Johanniter-Notfallsanitäter und HEMS-TC (Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member), zum letzten Mal mit dem Christoph 4. Nach 37 Jahren Dienst in der Luftrettung beendet der 64-Jährige seine aktive Dienstzeit. Insgesamt flog er 18.212 Einsätze. Mit der Einarbeitung zweier neuer HEMS-TC ist ein Generationswechsel eingeleitet.
Unfreiwilliger Stillstand im September
Im September musste der Christoph 4 – wie auch andere Maschinen des Typs EC-135 – fast eine Woche am Boden bleiben. Grund war nach Mitteilung der Bundespolizei ein technischer Defekt an der Steuerstange an einem anderen Helikopter. Erst nach Prüfung konnte dies für die Christoph-4-Maschine ausgeschlossen werden.
Die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Stephan Sehmisch, der seit 1. Oktober 2021 als neuer Direktor der unfallchirurgischen Klinik der MHH zur Verfügung steht, konnte ausgebaut werden, damit wird die beständige Zusammenarbeit mit der Expertise der MHH als überregionales Traumazentrum in bewährter Form fortgesetzt.
50. Geburtstag
Und zu guter Letzt wurde dann noch der 50. Geburtstag zur Indienstnahme der Luftrettungsstation in Hannover und des Christoph 4 gefeiert. Als vierter Rettungshubschrauber in Deutschland hatte der Christoph 4 in Hannover, neben weiteren Standorten in München, Frankfurt und Köln, am 2. Oktober 1972 als Modellversuch seinen Dienstbetrieb aufgenommen.
Ausblick 2023
„Neue Herausforderungen werden mit Sicherheit die sich verändernde Krankenhausstruktur und der Personalmangel in den Krankenhäusern sein, sodass sich die Transportwege für Patienten zum Teil deutlich verlängern und Rettungshubschrauber einen noch höheren Stellenwert in der primären Patientenversorgung einnehmen werden“, so PD Dr. Christian Macke, ärztlicher Leiter des Christoph 4.
Für die sechs HEMS-TC bringt auch das modernisierte Cockpit des Rettungshubschraubers vom Typ Eurocopter EC 135 T2i Neues mit sich.
„Das neue Cockpit ZSH (Zivilschutzhubschrauber) 2.0 ermöglicht den Besatzungen durch den Einbau eines unter anderem in Kleinflugzeugen eingesetzten Kollisionswarngerätes „Floice“, auch Warnhinweise zur Position von Segelflugzeugen zu erhalten“, erläutert Marc Lüpkemann vom Leitungsteam der HEMS-TC der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Diese sind aufgrund ihrer schmalen Silhouette schwieriger zu erkennen. Zur Vermeidung von Kollisionen erhalten die Crews mithilfe unterschiedlicher Warntöne Angaben zur Entfernung sowie Hinweise zur Richtung und Höhe des anderen Luftfahrzeuges. Innovativ sind auch die neuen Funkgeräte, weil sie viele Funktionen vereinen und über ein Touchdisplay bedient werden.
WCN/aw