Wunstorf – Der Marburger Bund Niedersachsen spricht sich gegen die Einführung von Immunitätsnachweisen nach durchgestandener Coronavirus-SARS-CoV-2-Infektion aus. Damit unterstützt der Verband die Haltung der Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Dr. Martina Wenker, die die Einführung entsprechender Nachweise aus medizinischen und ethischen Gründen abgelehnt hatte.
„Immunitätsnachweise helfen uns nicht weiter. Ich halte sie für keine praktikable Lösung, sondern sogar für kontraproduktiv“, betont Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. „Es gibt keinen sicheren Nachweis dafür, dass eine durchgemachte Infektion tatsächlich zu einer lebenslangen Immunität führt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weist zurecht darauf hin, dass Menschen, die sich von einer COVID-19-Erkrankung erholt haben und entsprechende Antikörper besitzen, nicht sicher vor einer zweiten Infektion geschützt sind. Wer jetzt auf die Einführung entsprechender Nachweise pocht, bewegt sich auf dünnem Eis.“
Wollenberg verwies zudem auf die mehr als fragwürdige datenschutzrechtliche Lage: „Zurecht warnen Datenschützer davor, dass Arbeitgeber oder Versicherungen das Vorlegen entsprechender Nachweise verlangen könnten. Diese Gesundheitsdaten sind aber in besonderem Maße schützenswert.“
„Die Einteilung der Gesellschaft in Menschen mit und ohne Immunitätsnachweis wäre mehr als bedenklich“, sagt Andreas Hammerschmidt. Der Zweite Vorsitzende des Marburger Bundes Niedersachsen argumentiert: „Dies würde automatisch dazu führen, dass Menschen mit Immunitätsnachweise mehr Freiheiten während der Pandemie haben als Menschen ohne. Das Einhalten von Hygiene- oder Abstandsregeln auf beiden Seiten würde dies nicht wirklich befördern. Unverständnis in der Bevölkerung und zunehmende Verstöße gegen geltende Regeln wären vorprogrammiert.“
Die Pandemie sei noch nicht ausgestanden, so Hammerschmidt weiter. „Bis uns ein Impfstoff zur Verfügung steht, wird es gewisse Regularien geben müssen. Je mehr wir alle uns an diese Vorgaben wie das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, Abstands- und Hygieneregeln halten, desto mehr Lockerungen werden – Schritt für Schritt und maßvoll – möglich sein. Ein Immunitätsnachweis hilft dabei aber überhaupt nicht weiter.“
Bereits im April hatte sich das Bundeskabinett mit einem Vorschlag für die Einführung möglicher Immunitätsnachweise beschäftigt. Zunächst hatte Bundesgesundheitsminister Spahn den Deutschen Ethikrat jedoch um eine Stellungnahme gebeten. Dieser kündigte am Donnerstag nach einer ersten Befassung an, dass noch Beratungsbedarf bestehe.
WCN/pk